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Mit der „Busbahn” schnell attraktiven Nahverkehr bieten

Future
Berlin – 25. Oktober 2019

Verkehrssysteme auszubauen, kostet viel Zeit und Geld. In der ÖPNV-Branche wächst deshalb das Interesse an innovativen Bussystemen – an „Stadtbahnen auf Gummirädern”, die vorhandene Straßeninfrastruktur praktisch von Heute auf Morgen nutzen können. In Schweden (Bild) und Frankreich ist dies schon Realität.

„Der Bus verkauft sich bislang unter Wert. Er ist ideal für schnelle Lösungen zur Optimierung des ÖPNV.” Volker Deutsch, Fachbereichsleiter für Verkehrsplanung beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), stieß mit seiner Keynote „Fahrzeug und Infrastruktur als System – dem Bus mehr zutrauen” auf breite Zustimmung auf einem Expertentreff. „Hochwertige Bussysteme 2019” war das Thema der von der Fachpublikation „Nahverkehrsnachrichten” (NaNa) Anfang Oktober in Frankfurt am Main ausgerichteten Veranstaltung.

Die Busbahn als Königsweg

Versteckte sich das Expertentum bislang unter eher sperrigen Begriffen wie „Bus Rapid Transit”, gibt es nunmehr eine plastische deutsche Bezeichnung: die „Busbahn”. Für den VDV-Mann Deutsch ist sie „der Königsweg für kurzfristige Kapazitätssteigerungen”. Jedenfalls dann, wenn es gelingt, „mit den guten Argumenten die Politik hinzutragen zu mutigen Entscheidungen”. Entschieden werden muss in Rathäusern und Kreistagen, denn die Busbahn braucht vor Ort Infrastruktur – sprich: Straßenraum, der bislang überwiegend vom Individualverkehr genutzt wird. Stadtbahnen auf Gummirädern werden, nicht anders als Schienenfahrzeuge, für den Fahrgast nur attraktiv durch eine hohe Beförderungsgeschwindigkeit dank freier Fahrt auf eigener Spur, am Autostau vorbei. Im Klartext: Sinn machen solche Projekte nur, wo Kommunen und Kreise bereit sind, über bisherige Busspuren hinaus freie „Bahn” für den Bus quer durch die Cities zu schaffen.

Europäische Vorbilder

Nicht ohne Sehnsucht blickten die Experten in Frankfurt hinüber nach Frankreich. Stephan Besier, Stadt- und Verkehrsplaner der Stadt Leipzig, brachte es auf den Punkt: „Die Franzosen leisten sich nach der Renaissance der Straßenbahn nun auch die Renaissance des Busses”. Immer mehr Städte schaffen Liniennetze, die den Busverkehr zu Systemen verknüpfen, wie es bislang nur im Schienennahverkehr bekannt war. Auf den Strecken rollen komfortable Fahrzeuge, die in ihrer Ästhetik erst auf den zweiten Blick von einer Tram zu unterscheiden sind. Aus den Haltestellen sind vielfach, so Besier, „Mikroplätze” mit schickem Design, mit Grünflächen und Bäumen, geworden. Das Motto der Franzosen: „Transformer la ville” – die Stadt umgestalten zu angenehmer Lebensumwelt. Christoph Groneck, Verkehrsplaner im Rhein-Sieg-Kreis ist ähnlich fasziniert von der Konsequenz des Städteumbaus in Frankreich. Die Stadt Nantes beispielsweise habe bei ihren Stadtautobahnen die zweite Spur als Busspur eingerichtet – nicht nur auf den Asphalt aufgemalt, sondern mit ortsfester ÖPNV-Infrastruktur. Groneck: „Es gibt eine klare ÖPNV-Vorrangpolitik mit Straßenraum-Umverteilung.” Das sei die Voraussetzung für erfolgreiche innovative Bussysteme, die beispielsweise auch in Schweden schon auf der Straße sind. Doch die NaNa-Veranstaltung machte deutlich: Davon ist man in Deutschland noch weit entfernt, in der Politik ebenso wie in der öffentlichen Meinung. Noch ein Zitat von Volker Deutsch: „Wir sind bemüht, dem Autoverkehr nicht weh zu tun und vergessen dabei den Menschen.”

Erste Schritte in Deutschland

Immerhin, Anfänge sind gemacht. In Stuttgart pendeln Gelenkbusse im - die Assoziation der Schnelligkeit hervorrufenden - Leoparden-Look zwischen Bad Cannstatt und der City: Die Schnellbuslinie X1 soll überlasteten Schienennahverkehr ergänzen, dank Ampel-Vorrangschaltungen am Stau vorbei. Herzstück ist eine 800 Meter lange Busspur in der Straßenmitte: eine Spur, die dank elektronischer Überwachung in beiden Fahrtrichtungen genutzt wird. Im nahen Ludwigsburg geht es noch mehr in Richtung französischer Vorbilder: Das geplante „ÖPNV-Rad-System” will eine Stammstrecke in der City für schnelle Busse schaffen, auf der für den motorisierten Individualverkehr kein Platz mehr ist. Die Unterschriften aus der Politik liegen vor, im nächsten Jahr soll es losgehen.

Einen Überblick über die neuen Chancen für den Bus gibt eine druckfrische Broschüre des VDV: „Städtische Schnellbussysteme – flexibel, aufwandsarm, attraktiv”, hier online zu finden.

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