Position
Berlin – 12. Juli 2019
Die Verlagerung von mehr Güterverkehr auf die Schiene kann nur gelingen, wenn ein ausreichendes Netz von Gleisanschlüssen und multimodale Logistikknoten vorhanden ist. Ende Juni hat der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen daher zusammen mit seinen Partnern eine Gleisanschluss-Charta an Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, übergeben.
Mehr als 30 Verbände und Interessenvertretungen aus Industrie, Handel, Wirtschaft und öffentliche Einrichtungen gehören zu den Unterzeichnern der Gleisanschluss-Charta, die der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) maßgeblich vorangetrieben hat. Sie alle eint ein Ziel: Gemeinsam will man mehr Güter auf die Schiene bringen und so für einen nachhaltigeren Güterverkehr sorgen. Bislang werden nach Angaben des VDV jährlich rund 600 Millionen Tonnen Güter auf der Schiene transportiert, was etwa einem Marktanteil von rund 18 Prozent entspricht. Die Studie „Deutschland mobil 2030“, die 2018 im Auftrag des Verbandes von den Beratungsunternehmen PwC und Intraplan erstellt worden ist, zeigt dagegen, dass die Potenziale hier noch längst nicht erschöpft sind. So gehen Autoren davon aus, dass die Schiene ihren Anteil am Modal Split bis 2030 um 22 Prozent gegenüber dem im Bundesverkehrswegeplan vorausgesagten Wert steigern könnte.
Eine Voraussetzung dafür: mehr Gleisanschlüsse und damit ein verbesserter Zugang zur Schiene. Nach Erhebungen der Bundesnetzagentur ist die Zahl der Gleisanschlüsse von rund 11.000 im Jahr 1997 auf aktuell etwa 2.000 geschrumpft. Um zusätzliche Mengen auf die Schiene zu verlagern, benötigt der Wagenladungsverkehr jedoch ein ausreichendes Netz von Gleisanschlüssen.
„Trotz des Wunsches nach mehr Schienenverkehr und einem Gleisanschlussförderprogramm des Bundes sinkt die Zahl der Gleisanschlüsse in Deutschland immer weiter. Dies hat negative Auswirkungen auf Wagenladungsverkehre, die auf die Gleisanschlüsse und kundennahe Zugangsstellen angewiesen sind. Damit auch der Wagenladungsverkehr seinen Beitrag zum Verkehrswachstum auf der Schiene leisten kann, bedarf es einer deutlichen Stärkung von Gleisanschlüssen und multimodalen Konzepten über kundennahe Zugangsstellen.“
Joachim Berends, Vizepräsident Schienengüterverkehr im VDV
Genau hier knüpft die Gleisanschluss-Charta als Ergänzung zum Masterplan Schienengüterverkehr an und nennt 53 konkrete Vorschläge, die zur Verbesserung der Situation beitragen sollen. Die Bandbreite reicht vom Bürokratieabbau über eine verbesserte Gleisanschlussförderung bis zur Stärkung trimodaler/multimodaler Knoten – und weiter. So werden zudem unter anderem etwa die Senkung der Kosten für den Anschluss ans öffentliche Netz oder die Verbesserung der vorgelagerten Infrastrukturen genannt.
Die aus Sicht der Unterzeichner umsetzungsreifen Vorschläge der Charta richten sich dabei an Bund, Länder, Kommunen, Industrie, Handel, Logistik und die Eisenbahnbranche selbst. Damit wäre die Charta ein stückweit also auch eine Art Selbstverpflichtung.
„Das Thema Gleisanschluss braucht stärkeren Rückenwind, um politisch und wirtschaftlich weiter nach vorn gebracht zu werden. Gleichzeitig muss die Bedeutung des Verkehrsträgers Schiene, insbesondere vor dem Hintergrund der angestrebten CO2-Reduzierung, wieder stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückt werden.“
Dr. Martin Henke, Geschäftsführer Eisenbahnverkehr im VDV
Weitere Informationen zur Gleisanschluss-Charta gibt es hier.
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