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Der E-Bus kommt

News
Berlin – 09. Juli 2021

Lange war er scheinbar ein Exot, doch inzwischen ist der E-Bus überall auf dem Vormarsch: Über 1.600 vollelektrische Linienbusse schon in diesem Jahr, mehr als 5.600 bis zum Ende des Jahrzehnts, prognostiziert die Beraterfirma PwC in einer Studie für das Bundesumweltministerium. In einer Online-Zwischenbilanz äußerte sich Ministerin Svenja Schulze darüber zufrieden, mahnte aber: „Der Anfang läuft gut, wir müssen nur schneller werden.”

Der emissionsfreie elektrische ÖPNV auf der Straße ist bislang die Domäne des Batteriebusses, laut Studie mit 75 Prozent Anteil. Auch Martin Schmitz, Geschäftsführer Technik des VDV, warnte auf dem Forum vor allzu viel Zufriedenheit: „Wir sind noch lange nicht da, wo wir hinmüssen.” Insbesondere stehe die Branche immer wieder vor schwerwiegenden Finanzierungsfragen, bei deren Lösung die öffentliche Hand kräftig mitwirken müsse. „Die erforderlichen Investitionen können wir nicht auf den Ticketpreis umlegen. Dafür brauchen wir die Politik.”

Immer deutlicher wird, dass die Umstellung auf den klimaneutralen Busverkehr nicht auf die Anschaffung von E-Bussen beschränkt bleibt. Um die Fahrzeuge für die Verkehrswende herum muss eine völlig veränderte Infrastruktur geschaffen werden, beschrieb Till Oberwörder, Chef des zum Daimler-Konzern gehörenden Herstellers Evo Bus. Es müsse ein komplettes E-Bus-System aufgebaut werden – mit einer auf die Stromer ausgelegten Betriebshofanlage sowie einer Stromversorgung, die auf das jeweilige Betriebssystem abgestimmt ist, mit hoch spezifischen Anforderungen auch auf der IT-Seite. Dafür benötige man entsprechendes Personal. Oberwörder empfahl „den Schulterschluss zwischen allen Beteiligten”. Wissen weitergeben, „Erfahrungen streuen”, war in diesem Zusammenhang auch der Rat von Prof. Achim Kampker, Lehrstuhl-Inhaber für E-Mobilität an der RWTH Aachen: Wenn jeder alles selbst ausprobiere, werde das schnell ineffizient.

Das deckt sich auch mit den Erfahrungen der Verkehrsunternehmen, die sich schon weit in das Feld des E-Busses vorgearbeitet haben. Elke Maria van Zadel, Vorständin der Hannoverschen Verkehrsbetriebe Üstra, empfahl ihr Vorgehen mit Pilotprojekten zur Nachahmung: „So konnten wir Fehler machen und diese Fehler korrigieren – nicht gleich mit dem großen Ganzen starten.” Prof. Hermann Zemlin, Geschäftsführer der Wiesbadener ESWE, berichtete von politischen Auseinandersetzungen, von „großen Kämpfen in der eigenen Stadt” beispielsweise bei der Suche nach einem Standort für ein Umspannwerk für die Stromversorgung. Ulf Middelberg, Chef der Leipziger Verkehrsbetriebe, verwies darauf, dass der E-Bus in jeder Stadt Teil eines effizienten Gesamtsystems für den ÖPNV werden muss: „Wir brauchen Betriebskonzepte, die für unsere Fahrgäste und die Kommunen bezahlbar bleiben.” Auf der Fahrzeugseite sehe er „endlich die Entwicklung, die wir brauchen” – hin zu E-Bussen, die auch Tagesumläufe von 300 Kilometern mit einer Batterieladung absolvieren können. Evo-Chef Oberwörder versicherte, dass die bisherige Reichenweiten-Entwicklung noch nicht „das Ende der Fahnenstange sei”.

Regine Günther, Verkehrs- und Umweltsenatorin in Berlin, fand Anerkennung für die E-Busförderung des Bundesumweltministeriums: „Diese hohe Förderung war entscheidend, dass wir überhaupt den Weg zum Elektrobus gehen konnten”. Zudem begrüßte sie, dass die zunächst zurückhaltenden deutschen Hersteller mittlerweile in die serienmäßige E-Bus-Herstellung eingestiegen seien. Das griff auch Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin im Umweltministerium auf und lobte „Pioniergeist” in der Autoindustrie. So werde Mobilität erneuerbar.

E-Busse sind immer noch deutlich teurer als Dieselfahrzeuge. Doch wenn sie dann erst einmal im regulären Einsatz sind, sind die Betriebskosten „überhaupt kein Problem”, sagte Wiesbadens Zemlin. Sie würden sogar geringer. Und van Zadel aus Hannover konnte von einer besonders günstigen Strombeschaffung berichten: Dort fahren die E-Busse mit elektrischer Energie, die beim Bremsen der Üstra-Stadtbahnen zurückgewonnen wird.

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