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Berlin – 26. Februar 2020
Die Region Karlsruhe will das Verkehrsaufkommen verringern und Möglichkeiten aufdecken, die städtische Mobilität umweltfreundlicher und besser zu machen. Die Metropolenkonferenz am 3. März lädt daher renommierte Akteure aus Politik, Wirtschaft und der Mobilitätsbranche ein, um zukunftweisende Lösungen im Diskurs zu formulieren.
Karlsruhe gilt als Modellstadt der innovativen und umweltfreundlichen Mobilität.
Seit über 25 Jahren sind die Stadtbahnen der Albtal-Verkehrsgesellschaft (AVG) als Zwei-System-Fahrzeuge sowohl auf Eisenbahngleisen als auch im innerstädtischen Straßenbahnnetz unterwegs. Das sogenannte „Karlsruher Modell“ erweckte internationales Interesse, da es den Nahverkehrskunden eine Anbindung von Stadt und Umland anbietet, ohne Umsteigen zu müssen. Doch die in den 80er-Jahren formulierte Vision, mit der Straßenbahn direkt ins pulsierende Zentrum der Stadt zu gelangen, kam bereits in den 2010er Jahren an ihre Grenzen, da das Fahrgastaufkommen massiv anstieg. Durch die Nachbarschaft zu den Ballungszentren Rhein-Neckar, Stuttgart, Rhein-Main und Strasbourg gilt Karlsruhe als Pendlerhochburg Baden-Württembergs. Im Vergleich: 1985 waren es 55 Millionen, 2013 bereits 178 Millionen Fahrgäste pro Jahr. Die Wartezeiten der Bahnen vor Haltestellen und Signalanlagen wurden Anfang der 2010-er Jahre immer länger, so dass die mitten in der Innenstadt befindliche Haltestelle Kaiserstraße an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gelangte. Seit 2010 baut Karlsruhe daher fleißig an einer sicheren und verkehrsfreundlicheren Lösung. Nach und nach werden die zentralen Stationen und Autobahnen auf einer Länge von 3,5 Kilometern unterirdisch verlagert, so dass mehr sichere und ruhigere fußgänger- und radfahrergerechte Zonen entstehen. Die neue „Kombi-Lösung“ sollte 2017 fertiggestellt werden. Doch Verzögerungen führten dazu, dass anhaltend gebaut wird. Seit Jahren zieht sich durch die Haupteinkaufsstraße eine hundert Meter lange Baustelle, die Anwohner stört und den Einzelhandel belastet. Um mehr als ein Drittel hat sich die Bauzeit des Jahrhundertprojekts bereits verzögert. Den Zustand der Innenstadt fassen die Neuesten Nachrichten bildlich zusammen: „Sieben dürre Jahre mit Lärm, Staub und Behinderungen.“ Bis Ende 2021 wird es voraussichtlich noch dauern, bis die Karlsruher mit der „U-Strab“ durch den Tunnel fahren können. Ein zäher Weg, der sich vor dem Hintergrund der Verkehrswende jedoch garantiert lohnen wird.
Trotz innovativem Infrastrukturprojekt wollen die Staus nicht weichen
Während in der Innenstadt eine Baustelle klafft, werkelte der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club Karlsruhe an einem Plan, um die mit Autos überfüllten Straßen zu entlasten. Obwohl Karlsruhe ein internationales Vorbild für verkehrstechnisch günstige Anbindungen ist, so hat sich die Stadt mit 22 Prozent verlängerte Fahrzeit aufgrund von Staus auch einen Platz auf dem Treppchen der „Staustädte“ im Land Baden-Württemberg ergattert. Noch schlechter schneiden nur Stuttgart mit 30 Prozent und Freiburg mit 23 Prozent ab. Mehr als 100.000 Ein- und nahezu 45.000 Auspendler sorgen täglich für ein enorm hohes Verkehrsaufkommen. Lärm, Emissionen und Staus beeinträchtigen nicht nur die Lebensqualität der Anwohner, sondern auch das Klima. Ein Problem, das alle deutschen Großstädte kennen. Trotz des „Karlsruher Modells“, stellen gerade Pkw-Fahrten unter 10 Kilometern Länge in Karlsruhe bedenklich hohe prozentuale Werte. Zahlen aus dem Jahr 2018 belegen, dass Pkw-Fahrten unter 5 Kilometer 50 Prozent und unter 10 Kilometer rund 70 Prozent der Gesamtfahrten ausmachten. Überfüllte Straßen zu entlasten ist deutschlandweit eine der größten Hürden, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Als Alternative hierfür bietet sich die Förderung alternativer Verkehrsmittel an. Dabei hoch im Kurs: das Fahrrad.
Das Fahrrad soll gegenüber dem Pkw massiv gestärkt werden
Die 2018 formulierten Ziele des Fahrradclubs beinhalten die Verringerungen des Motorisierten Individual Verkehrs (MIV) zugunsten des Zweirads. Die Ambitionen des Programms sind groß: Bis 2025 soll der Radverkehrsanteil in der Innenstadt um 40 Prozent gesteigert werden. Voraussetzung hierfür sind eine verbesserte Infrastruktur, adäquate Park- und Unterstellmöglichkeiten sowie bessere Maßstäbe für die Sicherheit der Fahrradfahrenden. Straßen und Radwege sollen künftig so gestaltet werden, dass keine Verkehrstoten und Schwerverletzte mehr zu beklagen sind. Die Maßnahmen tragen bereits erste Früchte: 2019 wurde Karlsruhe zur fahrradfreundlichsten Stadt gekürt – und überholte erstmals Münster, die traditionseiche Fahrradmetropole Nordrhein-Westfalens.
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