Position
Berlin – 06. Dezember 2019
Alle wollen den Klimaschutz. Nur wenn es darum geht, dafür zu handeln, versagen Gesellschaft und Politik auf breiter Front.
Am letzten Freitag im November war es in der „Tagesschau” zu sehen: Die Bewegung Fridays for Future, die an diesem Tag zigtausende Menschen bundes- und weltweit auf die Straßen brachte, ist längst weit mehr als eine Demonstration junger Leute: Die Sorge um den Klimaschutz treibt mittlerweile alle Generationen um – bis hinauf zum Protest der Großeltern, die um die Zukunft ihrer Enkel und Urenkel bangen.
Diskrepanz zwischen Wollen und Handeln
Das zuweilen wütende Engagement steht aber im harten Kontrast zum realen Verhalten der Gesellschaft. In der Metropolkonferenz Nürnberg der Initiative Deutschland mobil 2030 (über die in diesem Blog berichtet wird) verwies Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly auf die Diskrepanz zwischen Stimmung in der Gesellschaft und dem tatsächlichen Handeln der Bürger: Ob klimaschädliche SUVs und Flugreisen oder auch der bekanntlich viel Trinkwasser verschlingende Avocado-Anbau – vieles wird von Klimaschützern an den Pranger gestellt, nur – wie die Absatzzahlen zeigen – das Konsumverhalten ändert sich nicht wirklich.
Das zeigt sich auch in der Politik, im Großen wie im Kleinen: Das mühsam zusammen geschusterte Klimaschutz-Programm der Groko ist nach seinem Bekanntwerden heftig als unzureichend kritisiert worden, doch im Bundesrat gab es im Laufe des Gesetzgebungsverfahren keinen allzu lauten Aufschrei – und statt ernsthafter Sachdiskussion nur die Sorge um sinkende Steuereinnahmen und die Vertagung ab in den Vermittlungsschuss.
Umsteigen auf die Schiene nicht gefragt
Auch auf kommunaler Ebene drohen Ideen für klimafreundliche Mobilität schnell zu versanden. Zwei Beispiele: In Mecklenburg-Vorpommern etwa soll die still gelegte Bahnstrecke von Wittstock nach Mirow nicht etwa reaktiviert, sondern zum Radweg umgebaut werden. Und im deutschen Teil des Großraumes Basel gibt es Überlegungen, die Kandertalbahn fürs S-Bahn-Netz fit zu machen. Dagegen rührt sich in einem Dorf Widerstand – mit dem Argument, dass häufigere Zugfolgen an den Bahnübergängen zu Verkehrsstaus führen könnten. Umsteigen auf die Schiene? Haben die Gegner offenbar nicht vor.
Weichen stellen in den Rathäusern
Ach ja, an dieser Stelle war schon von den Umweltspuren in Düsseldorf die Rede. Sie lassen nach wie vor die Pendler ins Stau-Chaos rollen. Vergeblich mühten sich CDU und FDP im Rathaus, den Versuch des SPD-Oberbürgermeisters rückgängig zu machen. Ihnen fehlte dazu eine Stimme. Nun wäre wirklich Zeit zum Umdenken. Einerseits bei vielen Pendlern, die trotz gegenteiliger Ansicht schon heute auf den ÖPNV umsteigen könnten. Andererseits in der kommunalen Politik: Sie muss nicht immer nur besseren Nahverkehr von Bus und Bahn fordern, sondern dafür die Weichen stellen – mit Geld und Konsequenz, mit Kreativität und Engagement.
Über den Autor
Eberhard Krummheuer fährt seit Kindesbeinen mit Bussen und Bahnen. Erst mangels Familienauto, dann trotz Familienauto. Der öffentliche Verkehr beschäftigt ihn sein Berufsleben lang als Journalist, viele Jahre als Redakteur der Wirtschaftszeitung „Handelsblatt”. Nun kommentiert er für Deutschland mobil 2030 aktuelle Entwicklungen in Sachen Mobilität und Logistik.
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