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ÖPNV in Corona-Krisenzeiten –
das sagen die Leitmedien

News
Berlin – 09. April 2020

Weniger Menschen im Supermarkt, im Park oder in den Verkehrsmitteln helfen, die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Doch das Ausbleiben der Fahrgäste – und somit Fahrkartenverkäufe – sorgt dafür, dass der Branche immense Umsätze wegbrechen. Wie die Verluste aufgefangen werden können, ist unklar.

Die Schutzmaßnahmen, die im Rahmen der Corona-Pandemie aufgestellt wurden, setzen die Verkehrsunternehmen wachsend unter Druck. Kontaktbeschränkungen, Schulausfall, ein Wegbrechen von Pendlerinnen und Pendlern und ein Verbot von Freizeitreisen machten sich schnell in der Bilanz der Unternehmen bemerkbar. Über die prekäre Lage der Unternehmen informierte kürzlich der VDV die Deutsche Presseagentur – seitdem berichten die Medien umfassend über den Notstand der Verkehrsbranche. Die Tagesschau, ZDF oder die Rheinische Post – um nur ein paar Kanäle zu nennen – griffen die akute Situation auf und werfen ein Licht auf eine Problematik, die den Erhalt des Öffentlichen Verkehrs bedroht.

Existenzängste bei den Verkehrsunternehmen

Bei den Bartickets wie Einzelfahrscheinen und Monatskarten seien die Verkäufe um 70 bis 90 Prozent zurückgegangen, teilte Oliver Wolff, Hauptgeschäftsführer des VDV, mit. Sie machen sonst etwa die Hälfte aller Ticketeinnahmen aus.
Der Nahverkehr ist ein Geschäft, das mit Unterstützung der Öffentlichen Hand betrieben wird, weil es nicht kostendeckendbetrieben werden kann. Denn die volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Effekte überwiegen. Etwa zur Hälfte wird er durch den Fahrkartenverkauf finanziert. Den Rest tragen Länder und Kommunen. Die Corona-Pandemie könnte somit einige Bus- und Bahnunternehmen die Existenz kosten. „Für viele Verkehrsunternehmen sind die wirtschaftlichen Folgen durch wegbrechende Fahrgeldeinnahmen schon jetzt verheerend. Je länger dieser Zustand andauert, desto größer sind die Folgen. Daher brauchen wir dringend, wie viele andere Branchen auch, eine Lösung für die Finanzierung des Verlustausgleichs“, erläuterte Wolff.

Staatliche finanzielle Hilfen kommen zu spät an

Eine Umfrage des Bundesverbands Deutscher Omnibusunternehmen ergab, dass sich vier von fünf Unternehmen stark oder gar in existenzbedrohender Weise von der Krise betroffen sehen. Die wirtschaftliche Lage spitze sich jeden Tag weiter zu, sagte Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonhardt. „Das nimmt dramatische Dimensionen an.“ Laut der Umfrage kommen die Sofortkredite der staatlichen KfW-Bank bei vielen Betrieben zu langsam an.

Sonderfahrplan passt sich der Notsituation an

In Abstimmung mit den Verkehrsverbünden wurden Sonderfahrpläne formuliert. Für die Fahrgäste stehe derzeit etwa 50 bis 75 Prozent des üblichen Bus- und Bahnangebots zur Verfügung. Dass die Grundversorgung im Bus- und Bahnverkehr nicht ganz eingestellt wird, war von Anfang klar – egal, was die Krise noch bringt.
"Viele Unternehmen fahren etwa den Samstagsfahrplan mit Verstärkung zu Stoßzeiten", erläuterte Wolff. Wo Fahrzeuge voll seien, versicherte Wolff, wurde rasch nachgesteuert.

Unverständnis der Fahrgäste sorgt für Kritik

Negative Stimmen wurden schnell laut, denn das ausgedünnte Angebot habe dazu geführt, dass Fahrzeuge in den Städten zu den Stoßzeiten zu voll seien. Der empfohlene Mindestabstand von 1,5 Metern zueinander konnte nicht eingehalten werden. Die Entscheidung, Kapazitäten herunterzufahren, war eine notwendige – denn auch die Gesundheit der Bus- und Bahnmitarbeiter muss gewahrt werden. Aufgrund des empfohlenen Mindestabstands können viele Leitstellen und Werkstätten nur unter neuen Auflagen besetzt werden, weil auch dort Abstand zwischen den Mitarbeitern gewahrt werden müsse oder Mundschutz getragen werden muss. Auch macht sich der Ausfall von Kindertagesstätten und des Schulunterrichts personell bemerkbar, da auch die Mitarbeiter diese Betreuung familiär regeln müssen. „Wir verstehen den Unmut der Fahrgäste, aber wie viele Unternehmen arbeiten auch wir personell am Limit“, betonte Wolff und möchte das Verständnis der Fahrgäste für die Situation schärfen.

Kontaktbeschränkungen werden gelockert – was dann?

Die Kontaktbeschränkungen gelten mindestens bis zum Ende der Osterferien. Am Dienstag nach Ostern wollen Bund und Länder die Lage neu bewerten. Der ÖPNV könnte dann auch wieder sukzessive auf Normalniveau aufgestockt werden. „Innerhalb von sieben bis 14 Tagen können die Unternehmen das Angebot wieder auf 100 Prozent hochfahren“, sagte Wolff. Trotzdem, so der VDV-Hauptgeschäftsführer, sei zu Stoßzeiten damit zu rechnen, dass die Fahrzeuge zu voll sind. Der Verband hat errechnet, dass das ÖPNV-Angebot vervierfacht werden müsste, damit ein Abstand von 1,5 Metern zwischen den Fahrgästen gewährleistet werden kann. Der Verband hofft daher auf kooperatives Verhalten. Dazu gehört das Einhalten der Hygieneempfehlungen des RKI, genauso wie eine ausgeglichene Verteilung der Fahrgäste im Fahrzeug.

Entzerrter Schulstart ein mögliches Szenario

Wenn demnächst die Schule wieder startet, müsse überlegt werden, wie der Andrang in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewerkstelligen ist. „Wir wollen deshalb gemeinsam mit den politischen Akteuren und Aufgabenträgern frühzeitig überlegen, wie der zu erwartende Andrang etwa bei der Wiederöffnung der Schulen entzerrt werden kann,“ so Wolff. Ein simpler Lösungsansatz wurde bereits vom VDV formuliert: Die Schulen könnten jeweils den Unterricht gestaffelt beginnen lassen.

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