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Berlin – 15. Juli 2019
Pendler zum Abschied vom Auto zu bewegen – das wird in den Ballungsgebieten zur zentralen Herausforderung der Verkehrswende. Benötigt dafür wird nicht nur ein anderes, attraktives Mobilitätsangebot, sondern ein fundamentales Umdenken für den Klimaschutz.
Geld allein reicht nicht: Das machte Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) auf einem „Business Mobility Brunch” in den Räumlichkeiten seines Ministeriums in Düsseldorf deutlich. Vor annähernd 200 Gästen aus der Verkehrsbranche und der Wirtschaft definierte er auf der von „Deutschland mobil 2030” mit initiierten Veranstaltung die Diskussionen um die Verkehrswende als „gesamtgesellschaftliche Debatte” – raus aus dem Silo-Denken der Experten, hin zum großen Wurf: „Wir müssen die Menschen mitnehmen. Ökonomisch, ökologisch und sozialpolitisch. Bessere Mobilität geht jeden an. Sie ist nur über den gesamtgesellschaftlichen Konsens zu erreichen.” An die Adresse von Wirtschaft und Kommunalpolitik formulierte Wüst: „Schlechte Mobilität wird zum Standort-Risiko”.
Investitionen in alle Verkehrsträger
Unerlässlich sei für die Mobilität der Zukunft, dass die Bürger auf breiter Front die Verkehrswende als Schritt zu neuer Lebensqualität verstehen und entsprechend handeln. Minister Wüst kritisierte: „Man kann nicht heute gegen Kohlekraftwerke demonstrieren und morgen Front machen gegen den Rhein-Ruhr-Express” – jenes moderne Zugangebot, das im Ballungsraum Rhein-Ruhr dem Schienennahverkehr auf ersten Linien eine ganz neue Qualität zu geben beginnt – gerade auch für die starken Pendlerströme, die tagtäglich zum Stop and Go auf den Straßen führen. Das Land Nordrhein-Westfalen investiere in alle Verkehrsträger, mittlerweile gleich viel in Schiene und Straße und besonders in den ÖPNV. Netzausbau, neue Fahrzeuge, Digitalisierung erfordern weiterhin hohe Investitionen. Andreas Schmitz, Banker und Vizepräsident der Industrie- und Handelskammern in NRW, forderte die Politik auf, sich deshalb „vom goldenen Kalb der schwarzen Null” zu trennen; eine höhere Staatsverschuldung für bessere Mobilität würde sich letztlich rechnen.
Freiheit für Experimente
Cornelia Zuschke, Planungs- und Verkehrsdezernentin der Stadt Düsseldorf, sprach sich dafür aus, für die Mobilität von morgen „Dialoge anzuzetteln” und sich die Freiheit für Experimente zu gönnen. So habe die Landeshauptstadt auf Einfallstraßen Umweltspuren eingerichtet, in der Hoffnung, dass der eingeengte Straßenraum zu mehr Fahrgemeinschaften oder zum Umsteigen auf Bus und Bahn inspiriere. Zuschke: „Wir müssen uns gemeinsam umgewöhnen”.
Umsetzung beschleunigen
Für „Deutschland mobil 2030” hatten auch Stefan Heimlich, Vorsitzender des Auto Club Europa (ACE) und Oliver Wolff, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) betont, dass klimafreundliche Mobilität zwar viele Diskussionen rund um die technischen Möglichkeiten bestimme, aber die „Umsteuerung der Verkehrswende im Kopf” (Heimlich) ausbleibe. Wolff: „Wir haben kein Erkenntnisproblem, aber wir müssen schnell auf den Pfad der Umsetzung kommen.” Ein zentrales Problem dabei sei, dass das komplexe Planungsrecht mit den Bürgerbeteiligungen den Bau neuer Infrastrukturen für Jahre auf die lange Bank schiebe. Ein besonderes „Nadelöhr” (Wolff) sei dabei die Gerichtsbarkeit. Sein Vorschlag: spezielle Senate für Planungsrecht einzurichten – um schneller zu bauen und damit für einen weit effizienteren Mitteleinsatz sorgen zu können.
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