Future
Berlin – 21. Juni 2019
Das Güterverkehrskonzept Baden-Württemberg nimmt mehr und mehr Gestalt an. Ziel des Konzepts ist es, Schiene und Binnenschifffahrt zu fördern sowie den Straßengüterverkehr nachhaltiger zu gestalten. In den vergangenen Monaten haben Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden Ideen beigesteuert. Im ersten Quartal 2020 soll das Konsortium um die Hochschule Heilbronn ihren Schlussbericht vorlegen.
„Der Transport auf der Straße ist unverändert bundesweit mit mehr als 70 Prozent sehr hoch. Die Leistungsgrenzen unseres Straßennetzes werden immer spürbarer. Gleichzeitig stagniert der Anteil des Gütertransports auf der Schiene und auf Wasserstraßen auf einem niedrigen Niveau. Da müssen wir ansetzen und verkehrspolitisch neue Ansätze realisieren“, erklärte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann, als er im Mai 2017 den Startschuss für die Entwicklung eines Güterverkehrskonzeptes Baden-Württemberg gab.
Güterverkehr auf der Straße dominiert
Fast 80 Prozent aller Güter werden in Baden-Württemberg laut dem Ministerium auf der Straße transportiert. Gleichzeitig drohen nachhaltigere Verkehrsträger wie Schiene und Binnenschifffahrt ins Hintertreffen zu geraten. So meldete etwa das Statistische Landesamt Baden-Württemberg Mitte April für 2018 den „historischen Tiefstand“ beim Güterumschlag per Binnenschiff. Auch bundesweit dominiert nach Angaben des Ministeriums die Straße. Während der Marktanteil dort bei rund 73 Prozent läge, würden Schiene und Wasserstraße gemeinsam nur auf etwa 27 Prozent der Transportleistung kommen.
Nachhaltig und innovativ
Erklärtes Ziel der Landesregierung ist es daher, den Güterverkehr in Baden-Württemberg nachhaltiger und innovativer zu gestalten und die Handlungsmöglichkeiten des Landes aufzuzeigen, die künftig in den Fokus kommen. Weitergehendes Ziel des Güterverkehrskonzepts ist es zudem, Transparenz über das Güterverkehrsaufkommen und die Bedürfnisse der Güterverkehrsbranche in Baden-Württemberg zu schaffen. Dazu werden aktuelle Trends, Entwicklungen und Innovationen und dessen Auswirkung für den Güterverkehr in Baden-Württemberg betrachtet. Das Güterverkehrskonzept soll dazu auf Landesebene die bestehenden Handlungsoptionen in den Blick nehmen. Insgesamt vier Handlungsfelder hat man seinerzeit identifiziert. Dazu zählen Vernetzungsaktivitäten und Foren mit Fachleuten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden, die Bewertung von Innovationen für Schiene und Binnenschifffahrt, die spezifischen Themen im Bereich des Straßengüterverkehrs wie Parkplatzmangel an Autobahnen, Verkehrssicherheit oder das Potenzial eines Schwerverkehrszentrums in der Nähe der Schweizer Grenze und schließlich die City-Logistik, also die innerstädtische Feinverteilung auf der letzten Meile.
Dialog mit der Branche
Eine Besonderheit des Konzeptes erläutert Prof. Dr. Tobias Bernecker, der im Auftrag des Landes mit seinem Team an der Hochschule Heilbronn die Arbeiten koordiniert.
„Eine Herausforderung bei der Erstellung des Güterverkehrskonzepts und gleichzeitig eine besondere Stärke ist der methodische Ansatz. Wir wollen bestehende Arbeiten und Konzepte zum Güterverkehr umfassend berücksichtigen, und setzen gleichzeitig auf einen intensiven Dialog mit der Branche.“
Prof. Tobias Bernecker, Professor für Verkehrsbetriebswirtschaft und Logistik an der Hochschule Heilbronn
Zu diesem Zweck wurden bereits mehrere regionale Foren im Rahmen des Beteiligungsprozesses durchgeführt. Dabei wurde bei jedem Forum der Schwerpunkt in Anlehnung an die regionalen Gegebenheiten gestaltet. So wurden zum Beispiel in Ehingen das Thema Kombinierter Verkehr, in Heilbronn das Thema Innovationen, in Weil am Rhein die Themen Personal- und Infrastrukturressourcen und in Mannheim das Thema Hafenlogistik diskutiert.
„Die regionalen Foren haben uns eine Vielzahl an Anknüpfungspunkten aufgezeigt, wie mit konkreten und oftmals auch kleineren Maßnahmen vor Ort spürbare Verbesserungen für den Güterverkehr möglich sind. Die Vorschläge werden nun aufbereitet und bewertet, um dann anschließend hieraus Vorschläge für Maßnahmen zu entwickeln.“
Prof. Tobias Bernecker, Professor für Verkehrsbetriebswirtschaft und Logistik an der Hochschule Heilbronn
Das Gesprächsangebot wurde gerade auch in der Branche angenommen. „Ich habe die Foren als sehr positiv und gewinnbringend empfunden“, berichtet zum Beispiel Dr. Timo Didier, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Verbands des Württembergischen Verkehrsgewerbes (VV Württemberg) nach einem Bericht des Magazins trans aktuell.
Noch vor der Sommerpause werden drei weitere Foren in Ludwigsburg, Ulm und Reutlingen zur City-Logistik stattfinden, in denen Fragestellungen aus dem Bereich des innerstädtischen Güterverkehrs und Flächenengpässe im Vordergrund stehen werden. Diese Veranstaltungen dienen neben dem fachlichen Austausch und Erkenntnisgewinn auch der regionalen Vernetzung der Akteure mit der Hoffnung, dass diese stärker zusammenarbeiten.
Das Güterverkehrskonzept befindet sich laut dem Ministerium aktuell in der Bearbeitung und wird bis zum ersten Quartal 2020 abgeschlossen sein. Viele der insgesamt mehr als 20 Aufgabenpakete sind noch abschließend zu bearbeiten. Auch die Auswertungen und Erkenntnisse der Workshops werden anschließend in das Güterverkehrskonzept eingepflegt. Im ersten Quartal 2020 sollen, die Ergebnisse des Güterverkehrskonzepts der Branche und den Akteuren zu präsentiert und diskutiert werden.
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